Nach der Diagnose eines grossen Akusticus-Neurinoms befand ich mich plötzlich in einer surrealen Welt. Ich beobachtete das Verhalten der Menschen und sah, dass ihnen nicht klar ist, was „gesund sein“ eigentlich bedeutet. Ist es so, dass man wirklich erst wertschätzt, was man hat, wenn Gefahr droht, es nicht mehr zu haben oder das Leben zu verlieren? Ist es so, dass man in einer solchen Krise den Boden unter den Füssen verlieren könnte?
Ich versuche nun verschiedene Punkte aufzuzeigen, die mir enorm geholfen haben, mit dieser Krise umzugehen und sie zu meistern:
Durch Mails an alle Freunde und ArbeitskollegInnen schaffte ich Transparenz. Zugleich verschaffte mir diese Aktion Kontakt zu einem Leidensgenossen, dem man 4 Jahre zuvor diesen Tumor operiert hatte. Dadurch konnte ich viele Infos aus erster Hand erfahren und mich entsprechend vorbereiten. Aktiv zu sein half mir in dieser Phase, die Kontrolle zu behalten und mich nicht als hilfloses Opfer zu sehen…
Durch die Selbsthilfegruppe IGAN konnte ich mich orientieren. Das gibt einem das Gefühl der Handlungsfähigkeit und auch der Übernahme von Verantwortung. Gleichzeitig erlaubte es mir, intuitiv zu spüren, wem man diese OP anvertrauen möchte. Das Vertrauensverhältnis Patient-Chirurg ist sehr wichtig ist, weil man das Leben, die vermeintliche Kontrolle und den Ausgang der OP in die Hände einer anderen Person legt.
Nebst einem klaren Verständnis über den OP-Zugangsweg halfen mir Musik und Meditation sowie ein klares Ziel vor Augen zu haben, wo es nach der OP wieder hingehen soll. Mir war wichtig, nicht nur wieder unterrichten zu können, sondern auch wieder in die Natur gehen zu können, daher hing ich überall im Spitalzimmer Naturbilder auf, die mir ein Gefühl der Vertrautheit gaben und mich in Phasen der Unruhe oder Angst beruhigten. Das Wissen und die Tatsache, selber alles bestmöglich bis zum Zeitpunkt der OP gemacht/organisiert zu haben, liess mich ein Gefühl der Erleichterung spüren.
Akzeptanz und positive Annahme der Operationsfolgen (Fazialisparese), da ich lebte und dies das Wichtigste war. Ich erkundigte mich nach erfahrenen Fachleute für die Rehabilitation der Gesichtslähmung. Das Vertrauensverhältnis zur Therapeutin ist sehr wichtig, es braucht das Gefühl, in guten Händen zu sein. Motivation während der Therapie dran zu bleiben und positive Verstärkungen selbst bei kleinen Fortschritten sind wichtig.
Eigenmotivation, Hoffnung, Beharrlichkeit und Durchhaltewillen, auch wenn die Fortschritte zum Teil kaum ersichtlich sind, sind sehr wichtig. Ich habe gelernt, nicht aufzugeben und Geduld mit sich und der Situation zu haben. Ich habe versucht, die Übungen fürs Gesicht regelmässig zu machen und auf die Anordnungen der Fachpersonen hören. Bei meiner Therapeutin gehörten Humor und Lachen in jeder Stunde dazu und haben mir geholfen, um nicht verbissen oder ungeduldig zu werden.